Die Formalitäten
Bevor es mit dem eigentlichen Erstellen von Content so richtig losgehen kann, sind meiner Meinung nach noch einige Dinge zu beachten. An dieser Stelle sollte auch schon klar sein, zu welchem Thema der Account erstellt wird.
Was sagt die Klasse dazu?
Meine erste @schoolitics-Klasse hat sich damals den Account gewünscht, und so war klar, dass wir dieses Projekt gemeinsam starten. Andernfalls würde ich das Vorhaben definitiv mit der Klasse abklären, da es viel Arbeit und Disziplin von den Schüler:innen erfordert und Motivation unbedingt vorhanden sein muss. Eine Klasse, die nicht gut eigenständig und verantwortungsbewusst arbeiten kann, wird möglicherweise Probleme haben, da die Lehrkraft bei diesem Projekt die Klasse begleitet, aber nur wenig Strukturen vorgibt. Die Schüler:innen müssen eigenverantwortlich arbeiten können und ein gutes Zeitmanagement haben, da die Posts in der Regel an Abgabetermine gekoppelt sind und bis zu diesem Datum ein Beitrag auch stehen muss.
Datenschutz & Co.
Nachdem die Klasse dem Projekt zugestimmt hat, führt der nächste Schritt zur Schulleitung und zum Datenschutzbeauftragten. Hier müssen verschiedene Formalitäten geklärt und ein passender Elternbrief herausgegeben werden. Die wichtigsten Punkte dabei sind die Erläuterung des Projekts sowie die Erlaubnis, die Kinder auf Social Media mit Bild-, Ton- und Filmaufnahmen zeigen zu dürfen. Diese Erlaubnis hole ich standardmäßig ein und habe auch ergänzt, dass die Kinder im Rahmen des Projekts in Zeitungs- und Blogartikeln erscheinen dürfen. Für mich bedeutet das Einverständnis der Eltern jedoch nicht, dass sich das Kind anschließend auch auf dem Account zeigen muss. Das sollte immer freiwillig sein und auf die Bedürfnisse der Kinder abgestimmt werden.
Organisation des Projekts im Klassenzimmer
Nachdem die Schulleitung und die Eltern dem Projekt zugestimmt haben, beginnt die Organisation und das Management der großen Anzahl an Creators, also der Klasse, für den Account.
Name und Logo des Accounts
Für den zu erstellenden Account müssen ein Name und ein Logo gefunden werden, die idealerweise den Inhalt widerspiegeln. Ich empfehle, dies einfach demokratisch abzustimmen. Es wird nie gelingen, alle Mitglieder der Klasse glücklich zu machen, und am Ende müssen sie das akzeptieren. Bei uns wird der Account @schoolitics jedes Jahr an die nächste 10. Klasse weitergegeben, sodass die Diskussion um den Namen entfällt und wir nur noch das Farbkonzept nach Mehrheitsprinzip abstimmen.
Verwaltung des Accounts
Nachdem der Name und das Logo des Accounts festgelegt sind, steht die Erstellung desselben an. Es ist sinnvoll, parallel zur Namensfindung auf Instagram zu überprüfen, ob der gewünschte Name überhaupt verfügbar ist. An unserer Schule ist es so geregelt, dass die Schülerinnen keinen direkten Zugriff auf den Account haben. Sie dürfen ihn nur unter meiner Anleitung über mein Handy und unter meiner Aufsicht in der Schule nutzen. Ich verwalte den Account alleine und stelle die Beiträge und Reels nach den Wünschen der Mädchen online. Dieses Konzept funktioniert bei uns sehr gut, erfordert jedoch zusätzliche Arbeit für die Lehrkraft, da sie die Koordination des Accounts auch in ihrer Freizeit managen muss.
Tool und Räume zum Erstellen der Beiträge
Zu einem gelungenen Account gehören auch die passenden Beiträge. Wir erstellen diese mit Canva, während die Reels mit CapCut und iMovie geschnitten werden. Je nachdem, wie die Nutzung dieser Tools an der eigenen Schule geregelt ist, müssen sie gegebenenfalls auch noch im Elternbrief zum Projekt zwecks Datenschutz erwähnt werden. Damit die Klasse die Beiträge ohne Probleme erstellen kann, bietet sich je nach Vorkenntnissen eine Schulung an. In der Regel beherrschen meine Schülerinnen in der 10. Klasse sowohl Canva als auch CapCut, sodass sich dieser Punkt meist erübrigt. Wenn neben Posts auch Reels gedreht werden sollen, ist es sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, wo diese gedreht werden können. Wir haben hierfür mittlerweile zwei Medienräume mit Greenscreen und Lightboxen ausgestattet. Zudem empfiehlt es sich, die Schriftarten sowie die Farben des Accounts bei Canva, falls genutzt, als Marke einzuspeichern, da dies den Workflow erleichtert.
Organisation der Contents
Nachdem die Grundlagen für den Account gelegt sind, geht es an die Organisation der Klasse beim Erstellen der Beiträge. Ich handhabe es so, dass die Themen einen Mix aus Lehrplan und individuellen Wünschen darstellen, um auch aktuelle politische Themen anzusprechen. Wir arbeiten in Kleingruppen, bei denen jede Person ihre eigene Aufgabe hat. Die Themen für den Account werden auf einer TaskCard gesammelt, und dort geben die Mädchen auch ihre Caption, Quellen und Hashtags für den jeweiligen Post an. Ich wechsle direkt zu Canva, da es für mich einfacher ist, wenn die Informationen zum Post direkt in einem Slide auf Canva eingefügt sind, sodass ich diese nicht extra auf der TaskCard suchen muss. Für die Erstellung der Beiträge haben die Gruppen dann eine gewisse Zeitspanne, bevor die Beiträge abgegeben werden. Das funktioniert auch gut über Canva, da die Mädchen die Beiträge direkt an mich als Lehrkraft senden können.
Urheberrecht
Neben der Caption und den Hashtags müssen die Mädchen auch alle Quellen für ihre Beiträge angeben. Es empfiehlt sich, wenn vorher nicht bereits in Informatik oder ähnlichen Fächern behandelt, das Thema Urheberrecht nochmals zu thematisieren.
Das laufende Projekt
Ablauf des Unterrichts
Wie ich im Unterkapitel „Organisation des Contents“ bereits erwähnt habe, findet die Arbeit an den Posts in Kleingruppen statt. Hier hat sich eine Gruppengröße von zwei bis drei Mädchen als zielführend erwiesen, allerdings habe ich auch kein Problem damit, wenn jemand lieber alleine arbeiten möchte. Die Mädchen sollen sich so aufteilen, wie sie am zielführendsten und effektivsten arbeiten können. Dabei beachte ich allerdings die Größe der Gruppe bei der Verteilung der Themen, da es in meinen Augen nicht fair ist, wenn jemand, der alleine arbeitet, ein sehr komplexes Thema recherchieren muss, während andere zu dritt ein eher einfaches Thema bearbeiten.
In den vergangenen zwei Jahren mit @schoolitics habe ich es so gehandhabt, dass wir mit der Verteilung der Themen in eine neue Runde der Content-Erstellung gestartet sind. Dies möchte ich in diesem Jahr ändern, weil mir dabei etwas der rote Faden gefehlt hat. Der aktuelle Plan ist, jede neue Postingrunde mit einem etwa 45-minütigen Input zu beginnen, der sehr offen gestaltet ist, damit die Mädchen die verschiedenen Themen in ihren Grundlagen kennenlernen und sich damit auseinandersetzen können. Anschließend werden die Themen auf unsere TaskCards gesetzt und verteilt. Wenn mir bei einigen Themen bestimmte Schwerpunkte wichtig sind oder ich gutes Material dazu habe, ergänze ich das ebenfalls auf unserer Pinnwand.
Nach der Vergabe der Themen an die zuvor gebildeten Gruppen – ein Durchmischen der Gruppen hat sich tatsächlich nicht als sinnvoll erwiesen, da die Mädchen sich sehr gut eingespielt haben und jede ihre eigene Rolle und Aufgabe im Team übernommen hat – starteten die Mädchen mit der Recherche und der Erstellung des Contents. Sie hatten meist vier bis fünf Schulstunden Zeit, um zu recherchieren, zu drehen und ihr Thema auszuarbeiten. Im Anschluss daran wurden die Beiträge der Klasse vorgestellt.
Korrektur und Überarbeitung der Posts
Im Plenum wurde anschließend zu jedem Beitrag Feedback gegeben – hierbei lege ich großen Wert auf wertschätzendes und konstruktives Feedback. Zudem wurde die Caption samt Hashtags besprochen. Ziel dieser Besprechung ist es, den Beitrag auf seine Zielgruppentauglichkeit zu überprüfen sowie mögliche Ungereimtheiten und Rechtschreibfehler zu identifizieren. Nach dieser Feedbackrunde haben die Mädchen nochmals Zeit, ihren Beitrag zu überarbeiten, bevor dieser final gepostet und bewertet wird.
Notengebung
Wie ich bereits an anderer Stelle erwähnt habe, werden die einzelnen Beiträge der Mädchen auch benotet. Hierbei gibt es ein Bewertungsraster, das ich vorab an die Mädchen herausgegeben habe. Dieses Raster berücksichtigt insbesondere die Gestaltung und Verständlichkeit des Beitrags sowie die Angabe der Quellen, die Caption und die Hashtags. An dieser Stelle empfehle ich, gemeinsam mit der Klasse einen Erwartungshorizont zu erarbeiten, um eine möglichst hohe Transparenz zu gewährleisten.
Motivation im Klassenzimmer
Ich bin ehrlich: Dieses Projekt ist weder für die Schülerinnen noch für die Lehrkraft ein Zuckerschlecken. Die Mädchen lernen relativ schnell, wie viel harte Arbeit hinter einem einzigen Instagram-Post steckt, und erleben natürlich auch Durststrecken, in denen sie sich wünschen, wieder zum “normalen” Unterricht zurückzukehren. Aber auch das gehört dazu – sich selbst zu überwinden, sich zu motivieren und solche Phasen der Demotivation durchzustehen. Am Ende sind alle stolz darauf, diese schwierigen Phasen gemeistert zu haben, und freuen sich über das viele Lob und positive Feedback für ihren Account. In diesen Phasen hilft es, meiner Erfahrung nach, immer gut, die Klasse zu motivieren und mit Optimismus und gutem Beispiel voranzugehen, indem man beispielsweise auch einmal selbst einen Post für den Account erstellt, der natürlich auch von der Klasse bewertet werden darf.
Gäste im Klassenzimmer
Da ich mich zwar im Bereich “Social Media” etwas auskenne, aber keinen politischen Content produziere, habe ich mir sowohl fachliche als auch politische Gäste ins Klassenzimmer geholt, die die Mädchen bei ihrer Arbeit unterstützt haben. So waren diverse politische Instagramkanäle bei uns zu Gast, der Bayerische Rundfunk, aber auch politische Akteure, die über ihre Arbeit berichtet haben und den Mädchen auch für Interviews für ihren Kanal zur Verfügung standen.
Einsatz von KI
Wie bei so vielen anderen Projekten ist auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz hier ein Thema. Den Schülerinnen möchte ich den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Unterricht nicht verbieten, allerdings unter bestimmten Voraussetzungen. Sie dürfen die “kleine Hilfe” in Form von bildlicher KI, zur Ideenfindung und zur Korrektur der Posts einsetzen. Recherchiert wird mit Hilfe der KI nicht, da die kostenfreien Tools in der Regel nicht auf dem aktuellen Stand sind und dies für eine aktuelle politische Berichterstattung nicht zielführend ist.