In der aktuellen Debatte um den „richtigen“ Umgang mit Schulen zu Zeiten der Corona-Pandemie weisen die BildungsminsterInnen der Bundesländer oftmals darauf hin, dass man sich nun der Frage stellen müsse, ob es denn nun Präsenzunterricht oder Schlusschließungen geben würde. Erst vor kurzem erklärte, Karin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Vorsitzende der Kultuministerkonferenz, dass es keine Schulschließungen geben dürfe, daher liege der Fokus darauf, den Präsenzunterricht so gut es geht aufrecht zu erhalten. Dabei wird in dieser Debatte oftmals vergessen, dass es zwischen diesen beiden Formen der Unterrichtsdurchführung auch noch weitere Formen gibt, die aber in der aktuellen Debatte oftmals mit „Schulschließungen“ gleichgesetzt werden. Begriffe wie Hybridunterricht, Wechselunterricht und Distanzunterricht werden selten genannt und verschwinden oftmals hinter dem Schreckgespenst der Schulschließungen. Da es auch für uns als Lehrkräfte etwas frustrierend ist, immer wieder zu erklären, dass „Kein Präsenzunterricht“ nicht gleich „Schulschließungen“ bedeutet, hielten wir es für sinnvoll, einmal eine Übersicht über die verschiedenen Unterrichtsformen zu geben, welche wir zu Zeiten der Corona-Pandemie bereits hatten und welche wir ggf. noch haben werden. Ergänzt um die Perspektive von uns Lehrkräften, um einmal aufzuzeigen, welche spezifischen Probleme (aber auch Vorteile) die jeweiligen Formen mit sich bringen. Damit auch diese in der Debatte mehr genutzt werden und es nicht darum geht, ob es denn nun „Präsenzunterricht“ oder „Schulschließungen“ heißt.
Wie bereits erwähnt sind Schulschließungen das äußerste Mittel, um das Pandemiegeschehen auf Bildungsebene einzuschränken. Hier bleiben die Schulen komplett zu, es findet keine Form von Notbetreuung oder Unterricht statt. Dieses Szenario fand vor allem in den ersten Pandemiewochen statt, als man noch nicht so viel über Corona wusste, da es die Mobilität und das Ausbreiten von Corona größtmöglich eindämmt. Seitdem gab es aber eigentlich keine pauschalen Schulschließungen mehr.
Auch im Homeschooling findet kein Unterricht in der Schule statt. Lediglich eine Notbetreuung wird hier gestellt, damit SchülerInnen ihre Aufgaben auch in der Schule bearbeiten können. Beim Homeschooling nehmen die Lernenden Material mit nach hause oder erhalten Aufgaben über ein schulinternes Verwaltungssystem. Hier arbeiten sie größtenteils selbstständig und reichen Aufgaben nur zur Kontrolle an die Lehrkraft weiter. Diese hat hier die Schwierigkeit, nicht direkt mit den SchülerInnen interagieren zu können. Daher fließt bereits im Vorhinein viel Arbeit in die Planung, um die oftmals heterogenen Leistungsniveaus auch berücksichtigen zu können.
Beim Distanzunterricht findet der Unterricht ebenfalls nicht in der Schule statt, aber die Lernenden haben hier genauso wie in der Schule feste Termine, an welchen sie mit ihren Lehrkräften in Videokonferenzen zusammenkommen. Wie in der Schule wird hier gemeinsam gelernt, durch die moderne Technik können Folien gezeigt, Arbeitsräume erstellt und Ergebnisse vergleichen werden. Weiterhin enthält der Distanzunterricht viele Elemente des Homeschoolings, ist aber klassischer an den eigentlichen Präsenzunterricht angelehnt. Auch hier gibt es für SchülerInnen die Möglichkeit, in der Schule die Notbetreuung in Anspruch zu nehmen.
Der Wechselunterricht kombiniert den Präsenzunterricht mit dem Homeschooling: Die jeweiligen Lerngruppen werden in zwei Hälften geteilt, von welchen eine an einem Tag zuhause bleibt, die andere ganz normal in der Schule unterrichtet wird. Der Teil, welcher zuhause ist, erhält Aufgaben, die dann in der nächsten Präsenzstunde besprochen werden. Durch diesen Wechsel beschränkt man den Austausch verschiedener Gruppen, ermöglicht so aber allen SchülerInnen regelmäßigen Präsenzunterricht. Für uns als Lehrkräfte ist der Wechselunterricht die anstrengendste dieser Unterrichtsformen, da man eine Stunde quasi zweimal planen muss: Einmal als Präsenzstunde und einmal für das Homeschooling.
Der Hybridunterricht ist eine Sonderform des Wechselunterrichts. Auch hier ist die Lerngruppe in zwei Hälften geteilt, allerdings arbeitet die Gruppe, die nicht in der Schule ist, nicht im Homeschooling, sondern lässt sich via Beamer/Rechner etc. direkt ins Klassenzimmer schalten. Somit nehmen sie, wie auch der andere Teil der Lerngruppe, direkt am Unterricht teil, wenn auch nur digital. Der Vorteil dieser Unterrichtsform ist natürlich, dass hier das doppelte Planen für die Lehrkraft entfällt, allerdings ist der Hybridunterricht auch die technisch aufwändigste Form und setzt, noch mehr als die anderen Formen, stabiles Internet voraus.
Der Präsenzunterricht stellt den Normalfall des Unterrichts dar, bei welchem alle SchülerInnen gemeinsam im Klassenzimmer unterrichtet werden und der auch hoffentlich bald wieder der „Normalfall“ sein wird. Zu Zeiten der Pandemie ist es die Form, welche für die meiste Mobilität sorgt, was sich so wieder auf das Infektionsgeschehen auswirkt. Daher führen wir ja aktuell die Diskussionen um die oben genannten Modelle.
Wie man sieht, sind die Formen der Unterrichtsformen zu Corona-Zeiten relativ vielfältig. Jede der einzelnen Formen hat ihre eigenen Vor- und Nachteile in Bezug auf die Eindämmung der Pandemie und das Vermitteln von Bildung. Deshalb ist es aus unserer Sicht auch wichtig, dass diese unterschiedlichen Unterrichtsformen in der öffentlichen Debatte berücksichtigt werden und sich nicht nur auf die Frage „Präsenzunterricht oder Schulschließungen?“ konzentriert wird. Denn die Pandemie hat gezeigt, dass es auch dazwischen Unterrichtsformen gibt, welche zu Corona-Zeiten mit guter Planung ebenfalls gelingen können. Aus diesem Grund sollten wir in der Debatte schauen, auch zwischen diesen Formen zu differenzieren und anzuerkennen, dass es bereits viele tolle Konzepte und Beispiele gibt, wie Lehrkräfte bspw. Distanz- oder Wechselunterricht durchgeführt haben.